Auf dem Max-Jospehs-Platz in München: wehende europäische Überzeugung bei #PulseofEurope
Auf dem Max-Jospehs-Platz in München: wehende europäische Überzeugung bei #PulseofEurope
Ich glaube nicht, dass die Zukunft einer globalisierten Welt in der Abschottung einzelner Länder liegt. Wir wollen (und sollen) grenzenlos Handel treiben, wir wollen (und sollen) weltweit verreisen; wir wollen (und sollten) von Kulturen anderer Völker und Länder lernen. Das Internet reicht in den hinterletzten Winkel der Erde, wenn wir wollen, können wir von dort unsere Lokalzeitung zu Hause lesen oder wir können zu Hause lesen, was dort passiert, live und quasi in Echtzeit. Und dann sollen in Mitteleuropa und in der gesamten westlichen Welt wieder Grenzen hochgezogen werden? Das passt doch nicht zusammen. Deshalb versuche ich, jeden Sonntag auf die #PulseOfEurope Demo zu gehen.
Ich kann mich noch gut erinnern, als es zum Urlaubsgefühl in Europa gehörte, gültige Pässe zu besitzen…

#PulseofEurope München
#PulseofEurope München jeden Sonntag um 14 Uhr am Max-Josephs-Platz vor der Oper.
… und rechtzeitig Geld umzutauschen. (Damals, früher, als es nicht besser, aber anders war: wenn du am Sonntag in der Früh in den Zug nach Italien steigen wolltest, musstest du Freitag bis 14 Uhr Lire auf der Bank geholt haben, weil anschließend die Bank geschlossen hatte, bis Montag früh um acht; Geldkarten gab es nicht und Kreditkarten waren zumindest in meinem Umfeld nicht verfügbar; von EC-Automaten im Ausland ganz schweigen. Von Kufstein bis Bozen liefen erst die österreichischen, dann die italienischen Zöllner durch den Zug).
Was ich sagen will: es gibt mittlerweile eine Generation im Euroraum und im Schengenraum, die ohne Grenzen und mit dem Euro groß geworden ist. Für die existiert keine Grenze mehr in Europa und die gemeinsame Währung ist selbstverständlich; die DM (Deutsche Mark) ist eine Erinnerung alter Leute. Dazu zähle ich vor allem solche wie Herrn Schäuble oder Herrn Seehofer, die sich gerne durch nostalgische Ideen einbringen, mit denen außerhalb ihrer Generation keiner mehr etwas anfangen kann.

Europa: selbstbewusst, aber nicht „First“

Die markigen, nationalistischen Sprüche (US-Importe, natürlich) mit viel „First“ und „great again“ – führen doch rückwärts in die falsche Richtung der Vergangenheit. Selbst „Europe“ möchte ich nicht „great“ machen und „first“. Sondern ich möchte eine selbstbewusste Interessenvertretung für Europa im Spiel der Weltmächte; first muss nicht sein, greatness muss schon aus Jedermann/frau selbst kommen; eine großartige Nation hilft vielleicht einem angeknacksten Ego, aber nicht dabei, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
Dass es hilft zeigt doch die lange Friedenszeit, die wir in den Ländern der EU seit dem zweiten Weltkrieg haben. Das alleine sollte doch Grund genug sein, die EU zu mögen!?

Wertegemeinschaft ist mehr als Freihandelszone

Deshalb muss die EU lernen, dass Europa eben auch eine Wertegemeinschaft ist: Frieden, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Solidarität, Toleranz und Menschenrechte sollen die Fundamente sein, auf denen Europa gebaut ist. Europa soll für die Menschen gut sein; das bedeutet natürlich auch, dass es ein erfolgreicher Wirtschaftsraum sein soll und muss. Hier gilt es zu akzeptieren, wie übrigens auch in Deutschland und Bayern, dass es blühende und weniger blühende Landschaften gibt – wir fahren gerne nach Portugal und Griechenland in Urlaub. Dazu gehört es aber auch, mit den wirtschaftlichen Erfolgen Deutschlands, die (struktur)schwächeren Länder in der EU zu unterstützen (das heißt aber nicht, Miss- und Vetternwirtschaft sowie Reformstau zu fördern).
Und wer mit Europa handelt muss aber auch bereit sein, zu akzeptieren, dass er an europäischen Werten gemessen wird. Europa soll nicht missionieren, aber es soll Vorbild sein und Exporteur der Werte für die es steht – auch innerhalb der Union. Andernfalls ist die Idee einer Wertegemeinschaft obsolet. In einer von unternehmerischen Interessen dominierten Freihandelszone, in der es nur um Geld geht, möchte ich nicht leben.
Längste Friedensperiode zwischen den Gründungsmitgliedern der EU. Sicherlich plakativ und vereinfacht. Aber Frieden ist definitiv ein wichtiger Daseinszweck der EU.

Pulse of Europe: Meine Sonntagsdemo

Pulse of Europe ist eine Graswurzelbewegung, die in den letzten Monaten entstand und seit einigen Wochen immer mehr Zulauf bekommt. Warum ich regelmäßig auf die Sonntagsdemo geht:
  • Das sympathische daran ist, dass sie unabhängig von Parteien, Organisationen und Vereinen ist.
  • Sie will ausdrücklich auch Menschen mit unterschiedlicher politischer Ausrichtung integrieren, sofern sie sich für den Europagedanken einsetzen.
  • Sie ist keine Demonstration für die politische Organisation der EU, sondern für den Gedanken eines vereinten Europa.
  • Sie ist eine Friedensdemo, aber nicht im abstrakten Sinne, sondern ganz konkret will sie die EU stützen, die mitgeholfen hat, uns die längste Friedensepoche der Gechichte Mitteleuropas zu bringen.
  • Sie unterstützt ausdrücklich die EU als politische Umsetzung des vereinten Europa und weist gleichzeitig auf Defizite und Reformbedarf hin.
  • Sie unterstützt ausdrücklich Länder, in denen es Befürworter Europas derzeit schwerer haben oder die vor Wahlen stehen.
  • Sie ist länderübergreifend; während in vielen Bereichen noch national gedacht wird, ist die Initiative ausdrücklich grenzüberschreitend. Medien tun sich zum Beispiel immer noch schwer, aus länderübergreifender oder gar europäischer Perspektive zu berichten. Grenzüberschreitende Medien, wie arte, sind immer noch die Ausnahme.
  • Die Demos sind unkompliziert, d.h. keine langen, aufgeblasenen Reden; einfach vorbeischauen, sich an blauen Fahnen und freundlichen Menschen freuen und jedermann/frau darf etwas zu seinen Europagedanken sagen (3 Minuten, zumindest in München).
  • Die oft vorgeworfene Programm- und Ziellosigkeit sehe ich eher als Vorteil; man trifft sich zwanglos für eine Idee. Es geht darum, viele Menschen auf die Straße zu bringen, und nicht vor lauter Umsetzungsdebatten und Streit über die Wege dahin, diese Sichtbarkeit zu schwächen. Es gibt ja schon genug Politiker, Parteien, Organisationen und Vereine, die sich darum Gedanken machen; die, die darunter für Europa sind, sollen sehen, dass Viele hinter ihnen stehen,
  • Mit ihrer Regelmäßigkeit, jeden Sonntag um 14 Uhr MESZ, setzen die Demos einen wichtigen Kontrapunkt zu dem Montagsdemos von Pegida und Co. Sie sollten also auch im Bewusstsein der Politker mal ankommen.

Hintergründe und Gedanken zur Pulse-of-Europe-Bewegung sind unlängst erschienen auf Spiegel Online, dort eher kritisch, weil es der Bewegung an einem Programm fehle. In der Zeit sieht man dagegen eine außerparlamentarische Pro-Europa-Bewegung entstehen. Einen kleine Einblick in die Organisationstruktur gibt es beim MDR.

Infos zu den Veranstaltungen und Hintergründe vom Veranstalter sind auf der offiziellen Webseite von Pulse of Europe zu finden. In München trifft man sich übrigens immer Sonntags um 14 Uhr auf dem Max-Josephs-Platz vor der Oper. Alle anderen Treffpunkte in Deutschland und Europa sind auf der Webseite zu finden.

PulseofEurope Demo am Sonntag, 28. März, 2017. Die größte Menge in den vier malen meiner Teilnahme. Weiter so!
PulseofEurope Demo am Sonntag, 28. März, 2017. Die größte Menge in den vier malen meiner Teilnahme. Weiter so!

One Comment on “Warum ich zur Sonntagsdemo gehe: #PulseOfEurope”

  1. Pingback: Für Europa werben – Pflugblatt* (beta)

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