Die Zeiten, in denen man als engagierter Amateur mit zwei bis drei Kameras pro Leben auskam, sind vorbei. Soll man es bedauern, dass der Rhythmus der guten alten Zeit nicht mehr den heutigen Innovationszyklen entspricht: die erste Kamera zur Konfirmation (oder Firmung oder Jugendweihe), die zweite mit der ersten Festanstellung und die dritte mit Blick auf die Rente.
Mir geht es schon so, dass ich die Weiterentwicklung meiner Kameras beobachte und mit verfolge, das geht ja dank Internetz heutzutage recht einfach. Olympus hat nun im Herbst den Nachfolger meiner OM-D E-M5 MII herausgebracht, einfach ein „i“ ergänzt, so dass daraus die „Mark 3“, abgekürzt „mk iii“ oder „MIII“ wurde.
An anderer Stelle habe ich ja schon geschrieben, dass ich den Ansatz von Olympus Marketing, die treuen Nutzer in Kontakt mit neuen Produkten zu bringen, für sehr gut befinde. So habe ich auch das erste Maiwochenende genutzt im Rahmen der „Test & Wow“ Aktion die OM-D E-M5 MIII auszuprobieren. Zudem nutzte ich die Chance, das 7-14mm/2,8 Pro Objektiv von Olympus ebenfalls zu testen (entspricht 14-28mm KB). Wobei es sich natürlich nicht um einen wissenschaftlichen „Test“ im engeren Sinne handelte, sondern eben eher um ein Ausprobieren. (Von der Kamera gibt es übrigens kein Bild, da ich mit dieser ja fotografiert habe, deshalb ist mir erst nach der Ausleihe ausgefallen, dass ich kein Bild davon habe. Aber das gibt es natürlich auf der Olympus Webseite.)
Bei einem zweiten Ausflug ins Watzmannkar hatte ich dann nur das geliehene Weitwinkel-Objektiv an meiner eigenen OM-D E-M5 Mark II.
Das Olympus Pro Weitwinkel Objektiv 7-14mm/2,8
Bei meiner Ausrüstungspalette ist dies das Objektiv, das mich noch am meisten reizt. Da ich kein Tier- oder Sportfotograf bin, sind die extremen Telelängen für mich weniger spannend. Zudem gibt es leider kein Weitwinkelobjektiv für Micro Four Thirds (MFT), dass ebenfalls die extreme Brennweite ohne Fisheye mitbringt.* Allenfalls das Laowa 7,5mm wäre noch eine Überlegung wert, ist aber auch nicht gerade günstig für mehr als 600 Euro. Das Oly-WW-Zoom liegt aber bei rund 1.300 Euro.
Der erste Eindruck, den man vom 7-14mm (KB 14-28mm) ist ganz klar: man bekommt was für sein Geld. Wenn man das Objektiv in der Hand hält, ist es groß und schwer. Die deutlich herausgewölbte Frontlinse wirkt imposant und der Objektivdeckel hat die Größe einer mittleren Vogeltränke. Dazu gleich der Hinweis: durch die Größe und Wölbung der Frontlinse ist kein Filtergewinde vorhanden und die Gegenlichtblende ist eingebaut und immer ausgefahren.
Auch haptisch ist das Objektiv eine Freude: Metall mit griffigen Einstellringen, zwischen Autofokus und manuellem Fokus kann durch verschieben des Schärferings umgeschaltet werden; das klingt wie bei einem Kippschalter aus Metall. Das Zoomen geht fast zu schwergängig, aber über den gesamten Brennweitenbereich hinweg mit gleichem Aufwand. Topp-Verarbeitung, wie man sie bei den hochwertigen Olympus-Objektiven gewohnt ist.
Ich spare mir deshalb auch, über die Details der Abbildungsleistung zu schreiben. Für meine engagierten Amateurverhältnisse ist sie mehr als ausreichend, selbst bei geschlossener Blende (22) sind auf den ersten Blick keine Randfehler zu erkennen; auch bei offener Blende (2,8) halten sich die Fehler an Rändern in Grenzen. Auch die Artefakte bei direktem Gegenlicht sind bei dem Extrem dieser Optik erwartbar und fallen eher gering aus. Technisch aus meiner Sicht also ebenfalls ein Topp-Objektiv.
Gibt es auch Nachteile? Die Antwort muss für jeden anders ausfallen. Der Profifotograf, der vielleicht Landschaften, Innenräume oder Stadtportfolios aufnehmen soll, für den werden Größe und Gewicht keine Rolle spielen. Da kommt es mehr auf Abbildungsqualität und Robustheit im täglichen Gebrauch an (Frostsicher und Spritzwasser geschützt!). Beides ist absolut gegeben.
Für den engagierter Amateur, der neben Fotografieren auch noch einem Broterwerb nachgeht, sich mit der Familie über Ausflüge freut und das Gepäck reduzieren will, wird das 7-14er Pro eher keine Alternative sein. Es ist einfach zu groß und zu schwer. Mit seinen 534 Gramm wiegt das Objektiv in etwa soviel wie die E-M5 MIII mit Akku. Der Vorteil des MFT Systems für den Amateur, die kleine Baugröße und das niedrige Gewicht, wird damit verspielt.
Das Olympus 9-18mm wiegt 155 Gramm (!!!) und damit um zwei Drittel weniger, es ist zudem von den Abmessungen viel, viel kleiner. Es wird deshalb meine erste Wahl bleiben, auch wenn die Lichtstärke mit 4,0-5,6 deutlich geringer ausfällt, aber wofür hat man den hervorragenden Stabilisator bei Olympus. Und nicht zuletzt eine Digitalkamera, die auch bis 1600 ISO noch scharfe Bilder hervorbringt. Dass es auch nur weniger als ein Drittel kostet, ist ebenfalls ein erwähnenswerter Pluspunkt.
Leider sind auf dem aktuellen Objektivausblick von Olympus keine weiteren Objektive im extremen Weitwinkelbereich angekündigt. Über eine kompaktere und günstigere Festbrennweite mit 7mm als Alternative zum 7-14mm Zoom hätte ich mich gefreut.*
Mein Eindruck der Olympus Systemkamera OM-D E-M5 MIII
Wie der geneigte Leser vielleicht gemerkt hat, wird das kein technischer Testbericht, das können andere viel besser als ich. Zudem kommen die OM-D Kameras mit so einer Vielzahl an Funktionen, dass ein halbwegs seriöser Test eines Amateuerfotografen nicht möglich ist. Von daher beschränke ich mich auf meine Eindrücke.
Von den Spezifikationen hat die MIII sehr viel von dem Top-Modell M1 übernommen. Wer also mit dem Gedanken spielt, seine Olympus E5-MII zu ergänzen, kann sich zwischen der E-M1 MII und der E-M5 MIII entscheiden. Da die M1-MII mittlerweile auch einen Nachfolger hat, ist sie günstiger (und auch gebraucht) zu erwerben, als die neue E-M5 MIII. Allerdings wurde die M1 ja immer als Profi-Modell positioniert, was sich durchaus auch in Größe und Gewicht bemerkbar macht.
Vergleich der Spezifikationen von M1-MII und E-M5 MIII
Bei einem Vergleich des letzten Modells der M1, der Mark II, und der neuen OM-D E-M5 Mark III fällt auf, dass die Spezifikationen ziemlich ähnlich sind, vor allem, was die wesentlichen Merkmale wie Auflösung, Bildprozessor und Autofokus angeht. Es ist deshalb nicht verwunderlich, das beide Kameras derzeit, September 2020, von Olympus für den gleichen Preis von 1.499 Euro angeboten werden.
Spezifikation | M1 Mark II | E5 Mark III |
---|---|---|
Auflösung eff. MP | 20,4 | 20,4 |
Autofokus | Phasen/Kontrast 121 Kreuzsensoren | Phasen/Kontrast 121 Kreuzsensoren |
Serienbilder/s | 60 (elektron.) /18 (mech.) | 30 (elektron.)/10 (mech.) |
Verbindung | WLAN | WLAN/Bluetooth |
Gewicht o. Akku | 498g | 366g |
Stabilisator (Gehäuse) | 5,5 EV | 5,5 EV |
Prozessor | TruePic VIII | TruePic VIII |
Elektr. Auslöser | 1/8.000 – 60s | 1/8.000 – 60s |
Akku-Laufzeit | 440 | 310 |
Speicherkarte | 2 | 1 |
Mein Eindruck von der neuen E-M5 MIII ist, dass es sich nicht nur von den Spezifikationen, sondern auch von der Haptik um eine gelungene Evolution handelt. Sie liegt noch besser in der Hand und die Funktionsschalter und Räder sind noch besser positioniert. Der Sucher ist heller, der Autofokus schneller und die Auflösung höher, das Menü ein wenig geordneter. Kurz: mit einem Objektiv, das dem Gewicht der Kamera angemessen ist, siehe mein Lieblingsobjektiv 45mm/1,8 oder das Lumix 17mm/1,7, gefällt mir die Kamera tatsächlich besser als meine E-M5 MII.
Blick vom Gipfel des dritten Watzmannkindes, trotz des mitgeschleppten Teles, sind 85% der Aufnahmen mit dem Weitwinkel Olympus 7-14mm/2,8 PRO entstanden. Gipfelplatte des dritten Watzmannkinds: Wenn Struktur, Fläche und Himmel passen braucht es so ein Weitwinkel mit 7mm (14 mm KB). Auch im Hochformat beeindruckend: das Watzmannkar. Die Abbildungsleistung des Olympus 7-14mm/2,8 PRO tut ihr übriges um bis in die Ränder scharfe und richtig belichtete Bilder zu erzeugen. Sterne im Gegenlicht bei Blende 22. Wenn der Himmel mitspielt und die Sonne für Kontraste sorgt, passt Schwarz-Weiß für Weitwinkel-Aufnahmen unterhalb des Watzmanns.
*Defishing als Alternative: wie aus dem Fisheye ein Ultraweitwinkel wird
Bei der weiteren Suche nach Ultraweitwinkel-Objektiven für MFT bin ich dann irgendwann auf die „Defishing“-Experten gestoßen. Als Defishing bezeichnet man schlichterdings, die Umrechnung von Bildern, die mit einem Fisheye aufgenommen wurden in ein Ultraweitwinkelbild. Je nach Motiv lassen sich damit erstaunliche Bilder erzielen, die mit dem typischen Kugelblick eines Fisheye-Objektivs nicht mehr zu tun haben. Allerdings ist das natürlich mit Mehraufwand bei der Nachbearbeitung verbunden. Damit wird dann doch ein weiteres Objektiv zur Alternative für das schwere und teure 7-14mm/2,8 PRO: das 8mm Fisheye Pro, ebenfalls aus der PRO Serie von Olympus. Leider hat mir mein Olympus-Partner mitgeteilt, dass das Fisheye aus der Test&Wow-Aktion herausgenommen wurde, so dass ich es nicht so einfach ausprobieren kann.