Wer kennt sie nicht, die Bilder mit den verwaschenen Flussläufen oder den verschwimmenden Wellen, um zwei Hauptmotive für Langzeitbelichtungen bei Tageslicht zu nennen. Der Trick heißt Graufilter oder ND (= Neutraldichte-) -Filter, mit denen sich die Belichtungszeiten bei Tageslicht verlängern lassen. Aus Bewegung wird dank der langen Belichtungszeit eine Schliere. Im Gegensatz zur extrem kurzen Belichtungszeit, die beispielsweise bei Wasserspritzern jeden Tropfen einfriert.
Die Theorie der Graufilter überlasse ich anderen. Ich möchte hier nur von meinen laienhaften Erfahrungen berichten und Beispiele vorstellen. Insbesondere zeigt sich, da reicht aber auch ein Blick ins Internet, dass nicht aus jedem „Schlierenbild“ ein attraktives Foto wird.
Leider fehlt mir im Alltag die Zeit, Fotoprojekte langfristig zu planen und umzusetzen. Die Experimente mit den ND-Filtern sind bei mir deshalb Trial und Error, die Ergebnisse, je nach Zeit und Geduld, durchaus auch Glücksache. Aber auch andere, die mehr Zeit investieren können, berichten, dass die Ergebnisse nicht 100 Prozent planbar sind und deshalb immer mehrere Versuche brauchen.
Meine kleine Graufilterausstattung
Ich verfüge lediglich über zwei Graufilter mit Schraubgewinde, ein Graufilter ist variabel und der andere ist fix (B+ W XS-PRO, MRC nano, ND Vario 0,3 – 1,5; B+W F-PRO MRC 11 ND 3,0 classic). Manchmal schraube ich auch noch zusätzlich einen Polfilter auf, dass kann aber zu erheblichen Farbstichen führen. Das Schraubgewinde ist für mich am einfachsten zu handhaben. Mir erscheinen Aufsätze für Folienfilter immer so kompliziert in der Anwendung, dass ich sie noch nie ausprobiert habe. Die Schraubfilter passen einfach in die Fototasche und sind in Sekunden aufs Objektiv geschraubt. Meistens fotografiere ich Langzeit mit dem Weitwinkel, um auch andere Objektive bei Bedarf mit den Filtern auszustatten habe ich Gewindezwischenringe.
Um lange Belichtungszeiten nicht zu verwackeln ist ein Stativ unabdingbar. Ich habe ein Ministativ praktisch immer dabei (Manfrotto Pixi). Das ist zwar sehr schlicht, dafür leicht zu transportieren und hat spontan schon sehr gute Dienste geleistet.
Da ich keinen Fernauslöser besitze, arbeite ich immer mit Selbstauslöser, das reicht in den meisten Fällen.
Tipps für die Graufilterfotografie
Ein paar technische Tipps sind dennoch wichtig, damit nicht der erste Versuch aufgrund zu großer Enttäuschung auch der letzte bleibt:
- Die Kamera sollte nicht im Automatikmodus betrieben werden. Zeit- und Blendenvorgabe sollten manuell eingestellt werden.
- Die ISO sollten auf dem niedrigsten Wert fixiert werden, um lange Belichtungszeiten zu erhalten. In der Grundeinstellung der meisten Kameras stellt sich die ISO Zahl selbst ein, diese Automatik muss ausgeschaltet werden, sonst schraubt die Kamera die ISO Zahlen immer höher, ohne dass die Belichtungszeiten länger werden.
- Das Einstellen der Schärfe ist durch die Filter mühsam, aber wichtig. Wer sich nicht über unscharfe Bilder ärgern mag und Geduld hat, sollte ohne Filter das Motiv auswählen und manuell scharf stellen und erst dann den Filter aufschrauben. Tipp: Manchmal funktioniert es, den EV Ausgleich soweit zu verlängern, dass im Sucher wieder etwas sichtbar wird, das kann ein Anhaltspunkt sein, ist aber unsicher.
- Die Blendenöffnung sollte nicht zu klein gewählt werden (= keine zu große Zahl), insbesondere bei Schraubfiltern auf dem Weitwinkelobjektiv besteht andernfalls die Gefahr, dass Ecken abgeschattet (vignettiert) dargestellt werden. Manchmal kann das allerdings auch zu hübschen Effekten führen.
- Sensor und Objektiv sollten sauber sein, da die Langzeitbelichtung (vor allem in Zusammenspiel mit geschlossener Blende) gerne den Dreck sichtbar macht. Insbesondere bei großen ziemlich monochromen Flächen, die durch die Langzeitbelichtung entstehen, kann die nachträgliche unauffällige Retusche eines Flecks sehr mühsam werden.
- Die Langzeitbelichtung lebt durch den Kontrast zwischen verwaschenen Schlieren und scharfen statischen Bildelementen. Deshalb ist nicht nur das Scharfstellen wichtig, sondern auch ein Stativ, um Verwacklungsunschärfe zu vermeiden. Wer, wie ich, keinen Fernauslöser sein eigen nennt, kann auch mit dem Selbstauslöser („Timer“) arbeiten. Zwei Sekunden Antischock halte ich bei meiner Olympus für ausreichend.
- Das Motiv sollte nicht zu hohe Kontraste aufweisen, diese werden durch die Langzeitbelichtung noch verstärkt, insbesondere helle Partien leiden darunter. Also lieber bei dezenter Morgen- oder Abendsonne oder bei bedecktem Himmel Langzeitbelichtungen wagen. (Oder bei Folienfiltern mit geteilten ND-Filtern arbeiten, so dass die Kontraste ausgeglichen bzw. genutzt werden.)
- Wer in RAW fotografiert tut sich leichter, entstehende Farbstiche bei der Entwicklung auszugleichen.
- Und zu guter Letzt: investiert in hochwertige Filter, vor allem, wenn ihr Farbfotos machen wollt. Meine ersten Versuche waren sowas von grünstichig, dass die Weiterbearbeitung gar keinen Spaß gemacht hat. Mit hochwertigen Filtern wird ein Farbstich zur Ausnahme.
Manchmal kann man auch spontan Aufnahmen ohne Graufilter mit längerer Belichtungszeit machen, wenn es das Außenlicht zulässt. Mit guter Stabilisierung lassen sich auch mit Auflegen der Kamera bei einer Belichtungszeit bis zu einer halben Sekunde bereits attraktive Ergebnisse, also schlierendes Wasser zum Beispiel, fotografieren.
Aus Fehlern Lernen:
Trial and Error mit dem Graufilter