Vorab, ich nenne keine Namen. Das wäre unfair. Denn ich bin mir sicher, dass die Bedienungen in wirklich gutem Glauben gehandelt haben. Nur, das nützt dem Restaurant leider nichts, dessen sollte man sich in der Gastronomie bewusst sein. Denn wenn die Entschuldigung schnell kommt und umfassend ausfällt, hat man irgendwie das Gefühl, als sei eine Beschwerde – in dem Fall, ein freundlicher aber deutlicher Hinweis, ohne Forderung – erwartet worden.
Wenn man nun aber so umfassend abgefunden wird, und das alles so reibungslos läuft, ohne Nachfragen, ohne Beratung, ohne Geschäftsführer, wird man das Gefühl nicht los, als sei der Umgang mit der Beschwerde vorbesprochen (oder, noch schlimmer, geübt).
Das hieße aber im Umkehrschluss, dass man sich in dem Restaurant bewusst war, dass es Anlass zur Beschwerde geben könnte. Das heißt, man hat auf gut Glück versucht, Essen, das möglicherweise vom Gast angezweifelt wird, unter die Leute zu bringen. Man nahm bewusst das Risiko einer Beschwerde in Kauf, weil man dachte, wenn man dem Gast eine ordentliche Abfindung anbietet, ist alles wieder gut…?!?
Da kann ich nur antworten: leider nicht und vorsicht! Denn was passiert in der Folge?
Zuerst freut man sich natürlich. In dem Fall eine Runde Nachtisch für vier Personen und eines der beiden zweifelhaften Gerichte von der Rechnung gestrichen, Ersparnis unter dem Strich vermutlich 30 Prozent, inklusive Nachtisch, der vermutlich sonst nicht so umfassend ausgefallen wäre.
Aber wie gesagt, die schnelle Reaktion auf den Hinweis lässt Zweifel aufkommen, und der Umfang der reibungslosen Wiedergutmachung erstaunt. Grund genug, das Erlebnis weiter zu erzählen. Und hier kommt die Krux: wenn ich Essen gehe, gehe ich wegen des guten Essens. Wenn ich höre, dass es zweifelhaftes Essen gab, möchte ich nicht dorthin gehen. Keiner geht schließlich in ein Restaurant, wo es möglicherweise zweifelhaftes Essen gibt. Womöglich, um sich danach zu beschweren, und dann 30 Prozent zu bekommen. So ein Verfahren trübt das Vergnügen des Essens erheblich, schließlich gönnt man sich etwas und möchte eine entspannte Mahlzeit genießen.
Bisher waren wir dort sehr zufrieden; von den vier Gerichten, davon drei unterschiedlich, waren zwei auch in der gewohnten Qualität. Der Anblick des dritten Gerichts ließ auch das Wasser im Mund zusammen laufen. Schön serviert, nicht lieblos zusammengestellt; umfangreiche Zutaten, die jede für sich ordentlich waren. Umso größer die Enttäuschung, dass der Hauptteil zweifelhaft war – wie so oft dauerte es etwas, bis sich die beiden Esser offen darüber austauschten, dass etwas nicht stimmt. Dann wurde nochmal hin- und herprobiert, bis Einigkeit bestand, der Geschmack und die Konsistenz sind nicht normal, selbst wenn man eine außergewöhnliche Würzart annimmt.
Beim Abservieren habe ich dann angemerkt, dass wir unzufrieden mit dem Hauptteil waren. Worauf prompt das Angebot der freien Nachtischauswahl folgte – beim Bezahlen der Rechnung fehlte dann auch ein Hauptgericht.
Was ist unsere Konsequenz? Das Restaurant ist leider praktisch, liegt auf dem Weg (nicht im Heimatort), bietet selbst zu Stoßzeiten ausreichend Parkplätze und genügend Platz innen bzw. einen großzügigen Biergarten und liegt noch dazu in idyllischer Umgebung. Nun, wir werden wieder hingehen; wir werden aber skeptischer sein und – meine Vermutung – bei der geringsten Unzufriedenheit mit dem Essen zum letzten Mal dort gewesen sein. Andere, denen wir die Geschichte erzählt haben, werden es sich vermutlich zwei Mal überlegen, ob sie dort hingehen.
Deshalb, liebe Gastronomen, Küchenchefs und Köche: serviert lieber Essen, das über jede Kritik erhaben ist, statt das Risiko der unkontrollierbaren Mundpropaganda einzugehen.
Guter Beitrag, vielen Dank – seh ich genauso.