Ich komme wieder – mein re:publica Rückblick
Wie auf- und abgeklärt die Teilnehmer der re:publica sind, zeigte sich am Bahnstreik ganz gut. Ausgerechnet zum ersten Veranstaltungstag starteten die Lokführer ihren sechstägigen Streik. Dennoch führte das bei über 450 Sprechern nur zu drei Absagen und auch bei den Teilnehmern war der Streik als Gesprächsthema schnell durch. Wer kommen wollte, konnte anreisen: nichts ist so zuverlässig, wie der Ersatzfahrplan der Bahn (oder mit dem Flugzeug natürlich).
Dieser Post ist übrigens ein „Vorabdruck“. Er wird auf dem Blog meines Arbeitgebers nochmal erscheinen. Bei meinem „Schäffe“ bedanke ich mich dafür, dass ich auch dieses Jahr wieder auf der re:publica dabei sein durfte.
#BWjetzt: Mir können alles: auch Soschlmedia
Nicht nur aus Anlass des Bahnstreiks handelte @bwjetzt, das Landes-Marketing von Baden-Württemberg, im Social-Media-Sinne vorbildlich. (BW, war übrigens als einziges von 16 Bundesländern wieder auf der rp vertreten. Ein Tweet mit dem Hashtag #freubier bescherte einem ein kostenloses Tannenzäpfle ). Die Tafel an ihrer Standsäule wurde flugs in eine Mitfahrbörse umgewandelt (nach BW natürlich ;-). Auch der umtriebige BarCamp-Organisierer und Monitoringmatcher Stefan Evertz startete eine Mitfahrbörse, online per Google docs. „Einfach mal machen“ – das wäre das bessere Motto gewesen, als „Finding Europe“. Europa habe ich auf der rp nur selten gefunden – was angesichts der Flüchtlingskatastrophe, der verquasten Netz- und Telekommunikationspolitik sowie der umstrittenen Tipp-Verhandlungen eigentlich seltsam ist.
Teilnehmer- und Themenmischung: ein sensibles Gleichgewicht
Dennoch bot die re:publica auch in diesem Jahr für mich wieder eine gleichgewichtige Mischung aus Nerds (Entwickler und anverwandte Freunde) und Geeks (engagierte Macher von irgendwas), Wissenschaftlern (Soziologie bis Cyber-Security), Firmenvertretern (vom Startup bis zum Weltkonzern) sowie Kommunikationsfuzzies (subsummiert irgendetwas mit Medien: PR, Marketing, Journalisten, Programmmacher, Fotografen, Kameraleute usw.). Aus meiner Sicht ist es genau diese Mischung, die die re:publica weiterhin so inspiriend macht – sollte eine dieser Gruppen die Oberhand bekommen, diese Gefahr sehe ich z.B. bei Irgendwas-mit-Medien-Machern, wird die re:publica obsolet, da es für diese Spezialzielgruppen schon Veranstaltungen gibt und die anderen Gruppen sich nicht mehr repräsentiert fühlen.
Grenzenlos: Mein re:publica Gefühl
Das spezielle re:publica Gefühl ist denn auch für mich diese Überwindung der Grenzen des eigenen Fachgebiets, ohne der Notwendigkeit, sozusagen gleich morgen, im Tagesgeschäft von der Teilnahme einen direkten Vorteil zu haben. Das Veranstaltungsprogramm bietet eine enorme Breite; hier kann man auch nur empfehlen, nicht die Themen zu besuchen, in denen man sich selbst auskennt. Denn zum Glück ist die re:publica aus den oben genannten Gründen kein Fachkongress, d.h. im eigenen Fachgebiet kann es immer passieren, einen Sprecher zu hören, den man für zu oberflächlich hält oder dessen Thesen man schon kennt.
Der rp-Treibstoff: Enthusiasmus und Engagement
Auch bei den Sprechern gilt, wie im Web ja immer: Wer für sein Thema brennt, der wird geliked. Das gilt von der vormittäglichen Keynote bis zum unterhaltenden Abendprogramm. Sprecher/innen aller Altersgruppen und Themen gaben ein vorbildliches Beispiel davon, dass man sich von Unternehmen, Bürokratie und Demokratie 1.0 nicht unterkriegen lassen darf: Das-war-schon-immer-so, Weiter-so, keine-Experimente, so-gehts-gar-nicht, darf-man-das-überhaupt sollten Ansporn sein, Neues zu wagen, sind aber keinesfalls Ausreden für Resignation . Besonders die Keynote des ersten Tages hat es in der Beziehung in sich: Ethan Zuckerman (NICHT: berg) überzeugte in mitreißender Rede davon, wie man negative Erfahrungen in positive Aktivitäten umwandeln kann – dabei hilft vor allem das Internet mit seinen grenzenlosen Vernetzungs- und Interaktionsmöglichkeiten.
Mein re:publica 15 Highlights – teilweise im Web verfügbar
Dienstag
Ein mitreißender Vortrag zum Start: Ethan Zuckerman: The System is broken – and that’s the good news
Eine Statistik in Powerpoint schön aufbereitet und alle glauben es, am praktischen Beispiel demonstriert: Friedemann Karig: Die Abschaffung der Wahrheit
Eine Ex-Geheimdienstlerin wechselte die Seite und erzählte 45 Minuten druckreif ohne Manuskript: Annie Machon: The War on Concepts
Bestes österreichsiches Mash-up-Kabarett: maschek.findet.europa
Mittwoch
Unbedingt anschauen, vor allem diejenigen, die manchmal an Unternehmen, Organisationen und Behörden verzweifeln: Gunter Dueck: Schwarmdummheit
Alexander von Streit u.a.: futureJournalism
Mut: A real time story jam
Donnerstag
Stephan Noller: Karl der Käfer – der kurze Frühling des Internet of Things
Pop Poesia – Die große Schlagerlyrik Gala
Bilder
Weitere #rp15 Bilder – im Web auf flickr ansehen